Produktive Parks entwerfen : Geschichte und aktuelle Praxis biologischer Produktion in europäischen Parks
- Designing productive parks : history and current practise of bio-based production in European parks
Timpe, Axel; Lohrberg, Frank (Thesis advisor); Stapenhorst, Carolin Christin (Thesis advisor)
Aachen (2017)
Doktorarbeit
Dissertation, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen, 2017
Kurzfassung
Die landschaftsarchitektonische Praxis hat in den letzten zwei Dekaden zahlreiche Parks geschaffen, die land- oder forstwirtschaftliche Produktion als wichtige Flächennutzungen integrieren oder gar in den Vor-dergrund des Entwurfskonzeptes stellen. Dieses Phänomen ist bisher weder auf breiter empirischer Grundlage untersucht noch in die Entwicklung der Landschaftsarchitektur als Disziplin und des Parks als einem ihrer wichtigsten Objekte eingeordnet.Die vorliegende Arbeit füllt diese Lücke in der Forschung, indem sie die neuen Parks unter dem Begriff Produktiver Park beschreibt und untersucht. Die Rolle des Produktiven Parks in der Geschichte der euro-päischen Landschaftsarchitektur wird durch Literaturauswertung dargestellt, sein Auftreten in der aktuellen Praxis in 16 Fallstudien analysiert. Im Mittelpunkt stehen dabei vier Forschungsfragen: die Einbindung der aktuellen Entwicklung in die Geschichte des Parks inklusive des Vergleichs der heutigen Praxis mit historischen Vorbildern, der Abgleich der untersuchten Parks mit ersten Ansätzen zur Integration von Produktion und Park aus dem bisherigen Stand der Forschung, die Suche nach dem Produktivem Park als neuem Raumtypus der Landschaftsarchitektur einschließlich der Bildung einer Typologie Produktiver Parks auf empirischer Grundlage sowie die Frage nach Handlungsmodellen bei der Schaffung und Un-terhaltung Produktiver Parks.Vor allem die beiden letzten Forschungsfragen werden dabei von zwei unterschiedlichen Prinzipien des Begriffes Park geleitet, die sich aus den verschiedenen Wurzeln parricus (Gehege, Einhegung) und parcere (sparen, schonen) entwickeln lassen: Ersteres beschreibt als Substantiv den räumlichen Charak-ter und die physischen Elemente des Parks, zweiteres als Verb die Handlungsweisen im Umgang mit dem Park als gemeinschaftlich zu schonendem und zu entwickelndem Gut. Die Komplementarität dieser beiden Prinzipien im Park strukturiert die Arbeit. In der abschließenden Betrachtung werden sie in kombi-nierten Entwurfsstrategien zusammengeführt. Diese beschreiben den Produktiven Park in drei Modellen und können als Leitfaden und Inspirationsquelle für die zukünftige Praxis und Lehre in der Landschaftsar-chitektur dienen.Die historische Betrachtung ergibt, dass das Interesse an der produktiven Nutzung der Natur am Beginn der Entwicklung des Parks stand. Über mehrere Jahrhunderte und Stilepochen hinweg dienten Parks als Labor- und Modellräume für Innovationen in der Land- und Fortwirtschaft. Seit dem 19. Jahrhundert hat der Park diese Rolle schrittweise verloren und wurde zum Stadtpark als Schutz- und Erholungsraum transformiert, der eher sozialen und gesellschaftlichen Entwicklungen als Labor dient. In jüngster Zeit kehrt das Interesse an der Produktion im Park jedoch zurück und verbindet innovative Modelle landwirt-schaftlicher Produktion mit neuen Entwicklungen gemeinschaftlicher Arbeits- und Produktionsformen.Die sechzehn durch zeichnerische Plananalyse, Literaturrecherche und Ortsbesuche untersuchten Parks bestätigen die neue Bedeutung der Produktion im Park. Sie lassen sich anhand ihrer wichtigsten räumli-chen Komponenten (Produktionsflächen, Erschließungsnetz, raumbildende Gehölze, Parkausstattung) in verschiedene Strukturtypen einteilen. Die Verbindung der Produktion mit den anderen räumlichen Ele-menten folgt dabei unterschiedlichen Integrationstypen, die die vergleichende Analyse der untersuchten Parks ebenfalls präsentiert. Die Struktur- und Raumtypen bilden einen Katalog von Optionen für das Ent-werfen Produktiver Parks in der Zukunft.Als wichtigstes Handlungsmodell für die Schaffung und Unterhaltung Produktiver Parks zeigt sich die Co-Produktion des Parks als ein öffentliches Gut. Diese findet in den untersuchten Parks auf verschiedenen Stufen von der Koppelproduktion über das Co-Design und die echte Co-Produktion bis hin zur Community Co-Produktion statt. Die Arbeit erläutert die unterschiedlichen Akteursrollen auf diesen Stufen.Die vorliegende Untersuchung erweitert den Stand der Forschung erheblich, indem sie auf empirischer Grundlage zeigt, wie die biologische Produktion zu einer besonderen Qualität hybrider Parktypen werden kann. Als drei Hauptmodelle mit kombinierten Entwurfsstrategien werden anhand des empirischen Mate-rials der Produktive Stadtpark, die agrarische Stadtlandschaft als Produktiver Park und der Produktive post-industrielle Park identifiziert. Für das landschaftsarchitektonische Entwerfen im Allgemeinen können die am Produktiven Park erprobten Formen der Co-Produktion zu einem weiterentwickelten Verständnis vom Park als Ort und Instrument gemeinsamen Handelns werden. Der landschaftsarchitektonische Ent-wurf koordiniert dabei die Co-Produktion öffentlicher Räume.
Einrichtungen
- Lehrstuhl für Landschaftsarchitektur [214110]
Identifikationsnummern
- URN: urn:nbn:de:hbz:82-rwth-2017-005402
- RWTH PUBLICATIONS: RWTH-2017-00540